Ebenso wie es für den Begriff Intelligenz keine allgemein gültige Definition gibt, existiert auch keine einheitliche Definition für die Bezeichnung Künstliche Intelligenz (KI). Microsoft beispielsweise versteht unter KI solche Technologien, die menschliche Fähigkeiten im Sehen, Hören, Analysieren, Entscheiden und Handeln ergänzen und stärken. Etwas allgemeiner formuliert ist die KI ein Teilgebiet der Informatik, welches sich mit der Erforschung von Mechanismen des intelligenten menschlichen Verhaltens befasst.
Doch weshalb hat das Forschungsgebiet der KI in den letzten Jahren einen solchen Aufschwung erlebt und ist medial allgegenwärtig wahrnehmbar? Welche Herausforderungen sollen bzw. können mit KI gelöst werden? Welche Chancen und Risiken bestehen? Im Rahmen dieses Artikels soll das komplexe Thema grob umrissen werden, um eine erste Übersicht zu ermöglichen.
-
Geschichte und Entwicklung der KI
Der Begriff der KI wurde bereits in den 1950er Jahren vom amerikanischen Informatiker John McCarthy geprägt. Ebenso lange wird bereits zur KI geforscht. Aufgrund verschiedener Erkenntnisse gab es immer wieder Hochs und Tiefs hinsichtlich der Erwartungshaltung an die KI. Durch die stetig wachsenden Rechenkapazitäten als auch die verfügbaren Datenmengen (Big Data) sowie leistungsfähigere Algorithmen (systematische, endliche Handlungsanweisungen zur Lösung eines Problems) konnten in den letzten Jahren jedoch beachtliche Erfolge im Zusammenhang mit KI erzielt werden. Konkrete Anwendungen kommen bereits seit einiger Zeit im Alltag, oft ohne es zu wissen, zum Einsatz. Als Beispiele seien an dieser Stelle digitale Fotokameras (Bildoptimierung bei Smartphones), Übersetzungsprogramme, Bilderkennungsprogramme oder auch digitale Sprachassistenten genannt. Der Einsatz von KI durchdringt bereits heute wesentliche Bereiche unseres Lebens wie Gesundheit, Energie, Klimaforschung, Verkehr, etc.
Ganz aktuell ist auch die Entwicklung und Verbreitung von komplexeren Chatbots wie ChatGPT des amerikanischen Unternehmens Open AI, welche automatisiert Texte erstellen oder sogar programmieren können. Auch weitere Angebote an KI-basierten Programmen verbreiten sich seit Ende 2022 – ebenso wie die Anzahl der Anwender – explosionsartig. Als Beispiele seien an dieser Stelle DALL-E (Bildgenerator), Midjourney (Bildgenerator), Creaitor (Textgenerator) oder Sounddraw (Musikgenerator) genannt. Bei den genannten Programmen handelt es sich um sogenannte generative KI-Systeme. Generative KI kann auf Basis von Schlagwörtern, Skizzen oder auch akustischen Signalen ganze Texte, Bilder oder Musikstücke generieren. Experten schätzen, dass bereits zwei Monate nach der Veröffentlichung von ChatGPT, die Marke von 100 Millionen Nutzer erreicht wurde. Zum Vergleich: Instagram benötigte fast zwei Jahre, um dieselbe Anzahl Nutzer zu erreichen.
-
Funktionsweise von KI
Doch auf welchen Grundlagen basiert moderne KI? Wie eingangs erwähnt basiert moderne KI vorwiegend auf mehreren Methoden bzw. Technologien. In diesem Zusammenhang fallen oft Begriffe wie maschinelles Lernen, «deep learning» (mehrschichtiges Lernen) oder künstliche neuronale Netze. Ohne näher auf diese verschiedenen Technologien eingehen zu wollen, soll an dieser Stelle eine einfache Beschreibung ihrer Funktionsweise erfolgen.
Je nach Ausprägung des KI-Systems basiert der mit diesen Technologien durchgeführte Lernprozess auf einer sehr grossen Datenmenge, mit welcher das KI-System trainiert wird. Im Gegensatz zu regelbasierten Systemen, die mittels exakter Beschreibung (z.B. mittels Programmiercode) einer definierten Anweisung folgen und einen vordefinierten Output liefern (z.B. ein Chatbot, der lediglich auf bestimmte Wörter oder Phrasen reagiert und vordefinierte Antworten liefert), sind höher entwickelte KI-Systeme in der Lage, in grossen Datenmengen zu «lernen» und in Daten – mit gewissen Einschränkungen – Muster zu erkennen und Entscheidungen daraus abzuleiten. Zusätzlich können solche KI-Systeme ihre Erkenntnisse auch auf unbekannte Datensätze anwenden. Durch die eingesetzte enorme Rechenkapazität können somit beispielsweise Millionen von Gesichtern in sehr kurzer Zeit verglichen, erkannt und bestimmten Personen zugeordnet werden. Dabei ist nicht zuletzt die Qualität der Trainingsdaten ausschlaggebend für den Erfolg des gewünschten Endergebnisses.
Oft wird zwischen schwacher und starker KI unterschieden. Alle bisherigen im Einsatz befindlichen Lösungen sind Ausprägungen schwacher KI. Das heisst, schwache KI ist jeweils nur in einem sehr spezifischen Gebiet einsetzbar und kann somit keine bereichsübergreifenden Fragestellungen beantworten. Im Gegensatz dazu wäre eine starke KI in der Lage, selbständig Probleme zu erkennen, neue Lösungsansätze bereichsübergreifend zu entwickeln und entsprechende Handlungen auszulösen bzw. Entscheidungen – auch bei Unsicherheiten – zu treffen. Bis heute gelang es jedoch nicht, eine solche starke KI zu erschaffen.
-
Kritische Einordnung und Regulierung
Einige Experten schätzen das zukünftige Potential von KI zur Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen, in Kombination mit weiteren technologischen Entwicklungen, als beinahe grenzenlos ein. Andere Experten von führenden Universitäten und Unternehmen warnen allerdings vor den Gefahren, die von KI ausgehen, und fordern sogar einen gesetzlich angeordneten Aufschub für die Weiterentwicklung von KI. Als Beispiele für mögliche Gefahren können die Entwicklung und der Einsatz autonomer Waffensysteme oder die mittels sogenannter Deep-Fake-Technologie gezielte Verbreitung von Falschinformationen gesehen werden. Auch die «Erfindungsgabe» von Textgenerierungsprogrammen, welche frei erfundene (kombinierte) Sätze als wahre Fakten darstellen können, wird als höchst problematisch angesehen. Zudem stellen sich datenschutzrechtliche Fragen, wenn eine KI mit personenbezogenen Daten aus dem Internet oder aus den Nutzereingaben trainiert wird oder wenn sie falsche Aussagen über natürliche Personen generiert.
Die Europäische Kommission hat in diesem Zusammenhang kürzlich den weltweit ersten Vorschlag für einen Rechtsrahmen für KI vorgelegt, welcher diese in vier Risiko-Kategorien einteilt. KI-Systeme, welche die Sicherheit, die Lebensgrundlagen oder die Rechte der Menschen bedrohen, sollen gänzlich verboten werden. Mit einem hohen Risiko einhergehende KI-Systeme müssen strenge Vorgaben erfüllen, bevor sie auf den Markt gebracht werden können. Der Einsatz von mit mittlerem oder niedrigem Risiko behafteten KI-Systemen wird dagegen nur wenig bzw. kaum reguliert. Es wird sich zeigen müssen, ob dieser Ansatz der rasanten technologischen Entwicklung Rechnung tragen und den Regulierungszweck erfüllen kann.