Das Datenschutzrecht in der europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sowie im liechtensteinischen Datenschutzgesetz (DSG) bietet betroffenen Personen weitgehende Möglichkeiten, gegen eine Verletzung des Schutzes ihrer Daten oder ihrer diesbezüglichen Rechte vorzugehen.
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Wann, wo und wie kann man sich beschweren?
Jede natürliche Person, welche der Ansicht ist, dass ihre personenbezogenen Daten nicht datenschutzkonform verarbeitet wurden, kann sich gemäss Art. 77 DSGVO bei der zuständigen Aufsichtsbehörde beschweren. Ebenso kann eine natürliche Person Beschwerde bei der zuständigen Aufsichtsbehörde erheben, wenn ihr eines der ihr gemäss der DSGVO oder des DSG zustehenden Betroffenenrechte verweigert oder nur unzureichend erfüllt wurde.
Einreichen kann man die Beschwerde bei der zuständigen Aufsichtsbehörde insbesondere in dem EU/EWR-Land, in dem man sich gewöhnlich aufhält, oder dort wo der Arbeitsplatz liegt, oder wo der mutmassliche Verstoss begangen wurde. In Liechtenstein ist die zuständige Aufsichtsbehörde für Datenschutz gemäss Art. 51 DSGVO und Art. 9 DSG die Datenschutzstelle. (Sie finden die Kontaktdaten der Datenschutzstelle in der Fusszeile dieser Internetseite).
Eine Beschwerde kann in jeder Form bei der zuständigen Aufsichtsbehörde eingereicht werden. Es empfiehlt sich jedoch eine schriftliche Einreichung. Die Datenschutzstelle stellt dafür speziell ein elektronisches Formular zur Verfügung (ErwGr. 141). Sensible Begleit-Dokumente können ausserdem via einen sicheren Kanal an die Datenschutzstelle übermittelt werden.
Eine Beschwerde kann in gewissen Fällen auch anonym erhoben und ein Verfahren abgewickelt werden, ohne dass die Identität des Beschwerdeführers offengelegt wird.1 Die Datenschutzstelle ist jedoch in jedem Fall über die Identität der sich beschwerenden Person zu informieren.
Ausserdem darf sich eine betroffene Person, die eine Beschwerde einreichen möchte, unter bestimmten Umständen auch von einer Einrichtung, Organisation oder Vereinigung ohne Gewinnerzielungsabsicht vertreten lassen (Art. 80 DSGVO).
Die zuständige Aufsichtsbehörde informiert die einreichende Person jeweils innerhalb eines angemessenen Zeitraums über den Stand des Verfahrens und die Ergebnisse der Beschwerde (Art. 77 DSGVO).
1 Urteil des EFTA-Gerichtshofes vom 10. Dezember 2020 in den verbundenen Rechtssachen E-11/19 und E-12/19.
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Wie funktioniert das Verfahren bei der Datenschutzstelle?
Trifft bei der Datenschutzstelle eine Beschwerde ein, klärt sie zunächst mit den beteiligten Personen (Beschwerde einreichende Person und beschuldigter Verantwortlicher) ab, ob sich das Problem allenfalls mit einer gütlichen Einigung zwischen den beiden lösen lässt oder ob tatsächlich ein formelles Verfahren eröffnet wird.1
Wird ein formelles Verfahren eröffnet, folgt dieses dem liechtensteinischen Verwaltungsverfahrensrecht gemäss dem Gesetz über die allgemeine Landesverwaltungspflege (LVG). Parteien sind einerseits die Beschwerde einreichende Person (Beschwerdeführer) sowie der beschuldigte Verantwortliche (Beschwerdegegner). Die einzelnen Verfahrensschritte gestalten sich wie folgt:
- Eintreten: In einem ersten Schritt prüft die Datenschutzstelle, ob die Beschwerde die formellen Voraussetzungen gemäss LVG erfüllt und sie auf die Beschwerde eintritt. Bestehen jedoch formelle Mängel, weist die Datenschutzstelle die Beschwerde zurück, ohne sie inhaltlich weiter zu prüfen.
- Erste Stellungnahme: Wenn jedoch alle Voraussetzungen erfüllt sind und die Datenschutzstelle auf die Beschwerde eintritt, fordert sie in einem nächsten Schritt den Beschwerdegegner auf, zu den Vorwürfen in der Beschwerde Stellung zu nehmen.
- Replik: Diese Stellungnahme des Beschwerdegegners wird sodann von der Datenschutzstelle wieder dem Beschwerdeführer übermittelt, damit dieser dazu seinerseits Stellung nehmen kann.
- Zweite Stellungnahme: Die Antwort bzw. Stellungnahme des Beschwerdeführers wird sodann nochmals dem Beschwerdegegner unterbreitet, damit dieser darauf erneut in Form einer weiteren Stellungnahme reagieren kann.
- Untersuchung: Aufgrund von Beschwerde und Stellungnahme des Beschwerdeführers sowie der beiden Stellungnahmen des Beschwerdegegners prüft und beurteilt die Datenschutzstelle anschliessend den Sachverhalt. (Falls im Laufe des Verfahrens noch weitere datenschutzrechtliche Ungereimtheiten auftauchen, wird die Datenschutzstelle diese separat prüfen und beurteilen).
- Spezialfall: Falls der Sachverhalt eine grenzüberschreitende Datenverarbeitung beinhaltet, kann es sein, dass die Datenschutzstelle auch andere europäische Aufsichtsbehörden in die Untersuchung und Beurteilung des Falls einbeziehen muss (Art. 60 ff. DSGVO).
- Entscheidung: Schliesslich fällt die Datenschutzstelle eine Entscheidung und erlässt eine entsprechende Verfügung. Darin wird die ursprüngliche Beschwerde inhaltlich entweder gutgeheissen oder abgewiesen. Wenn die Beschwerde gutgeheissen wird, wird die Datenschutzstelle ausserdem entsprechend der Umstände und ihrer Befugnisse dem Verantwortlichen Anweisungen zur Behebung oder künftigen Vermeidung des fraglichen Datenschutzverstosses erteilen oder anderweitige Sanktionen verhängen (z.B. Bussgeld). Die Verfügung wird sowohl dem Beschwerdeführer als auch dem Beschwerdegegner zugestellt.
Hinweis: Das Beschwerdeverfahren bei der Datenschutzstelle ist für alle darin involvierten Parteien kostenlos (Art. 57 Abs. 3 DSGVO, Art. 15 Abs. 5 DSG). Ein allfälliger juristischer Beistand ist davon jedoch nicht erfasst. 1 Auch ein formelles Verfahren kann jedoch jederzeit im Fall einer gütlichen Einigung vorzeitig wieder beendet werden.
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Wie kann man gegen eine Entscheidung (Verfügung) der Datenschutzstelle vorgehen?
Am Ende jeder Verfahrensentscheidung bzw. Verfügung der Datenschutzstelle findet sich eine so genannte Rechtsmittelbelehrung. Darin ist beschrieben, wie man juristisch gegen eine unliebsame Entscheidung der Datenschutzstelle vorgehen kann. So hat jede natürliche oder juristische Person das Recht, gerichtlich gegen eine sie betreffende Entscheidung einer zuständigen Aufsichtsbehörde vorzugehen (Art. 78 DSGVO). Auch dieses Verfahren richtet sich wieder nach dem LVG.
Erste Instanz für die Überprüfung von Verfahrensentscheidungen der Datenschutzstelle in Liechtenstein ist die Beschwerdekommission für Verwaltungsangelegenheiten (Art. 20 DSG). Innert 4 Wochen ab Zustellung der Entscheidung bzw. Verfügung der Datenschutzstelle kann dort Beschwerde dagegen erhoben werden.
Ist man auch mit der darauf folgenden Entscheidung der Beschwerdekommission für Verwaltungsangelegenheiten nicht einverstanden, kann man sich 4 Wochen ab Zustellung noch beim Verwaltungsgerichtshof dagegen beschweren. Dessen Entscheidung ist aber letztinstanzlich und kann nicht mehr weiter angefochten werden. Auch die Datenschutzstelle selbst kann jedoch eine Entscheidung der Beschwerdekommission für Verwaltungsangelegenheiten noch an den Verwaltungsgerichthof weiterziehen.
Für das Verfahren im Rahmen einer Beschwerde gegen eine Entscheidung bzw. Verfügung der Datenschutzstelle gilt das Folgende:
- Parteistellung: Parteien im Verfahren sind nun derjenige, der sich gegen die Entscheidung der Datenschutzstelle wehren möchte (also entweder der ursprüngliche Beschwerdegegner oder der ursprüngliche Beschwerdeführer), sowie die Datenschutzstelle selbst.1
- Kostenfolgen: Für den ursprünglichen Beschwerdeführer bleibt das Verfahren kostenlos, wenn nicht er, sondern der ursprüngliche Beschwerdegegner sich gegen die Entscheidung der Datenschutzstelle wehrt. Seine Position übernimmt im weiteren Verfahren ja die Datenschutzstelle. Der ursprüngliche Beschwerdegegner muss jedoch für das Verfahren vor der übergeordneten Instanz mit Kosten nach LVG rechnen. Im umgekehrten Fall, in dem der ursprüngliche Beschwerdeführer das Verfahren an die nächste Instanz weiterzieht, hat dieser ebenfalls mit Verfahrenskosten gemäss LVG zu rechnen. (In jedem Fall kommen ausserdem noch die Kosten für allenfalls in Anspruch genommene Rechtsbeistände dazu.)2
1 Der ursprünglich am Verfahren beteiligte Beschwerdeführer oder -gegner, zu dessen Gunsten die Entscheidung der Datenschutzstelle ausfiel, kann sich nunmehr nur noch als interessierte Drittpartei am weiteren Verfahren beteiligten. Die Kostenfolgen davon sind jedoch bisher ungeklärt. Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. September 2021, VGH 2021/032 und VGH 2021/030.
2 Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. September 2021, VGH 2021/032 und VGH 2021/030; Urteil des EFTA-Gerichtshofes vom 10. Dezember 2020 in den verbundenen Rechtssachen E-11/19 und E-12/19.
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Kann man sich auch woanders beschweren?
Gemäss Art. 79 DSGVO hat jede betroffene natürliche Person auch das Recht, eine Verletzung des Schutzes ihrer personenbezogenen Daten oder ihrer diesbezüglichen Rechte zivilrechtlich vor Gericht einzuklagen und direkt gegen den Verantwortlichen oder Auftragsverarbeiter vorzugehen. Dafür muss sie sich an die zuständigen Gerichte desjenigen EU/EWR-Mitgliedstaates wenden, in dem der Verantwortliche oder Auftragsverarbeiter eine Niederlassung hat oder in dem die betroffene Person sich gewöhnlich aufhält (sofern keine behördliche Datenverarbeitung betroffen ist). Ein solches Verfahren richtet sich jedoch nach dem jeweiligen nationalen Zivilprozessrecht und ist nicht kostenlos für die Beteiligten. Dafür können Gerichte der betroffenen Person auch Ersatz für einen entstandenen Schaden zusprechen (Art. 82 DSGVO). Bisher wird dies von Gerichten jedoch nur äusserst zurückhaltend vorgenommen.